Es ist ein Thema ohne Ende. Mittlerweile ist es dermaßen
durchgekaut, dass sich sogar
Magazinmacher zu Wort äußern, die nicht durch ihre Vorreiterrolle auffallen. Dazu später mehr. Aber wenig.
In den letzten Wochen hat sich nichts getan. Auf
Twitter tummeln sich
Urheberrechtsexperten (neben Fußballtrainern, Börsen-Spezialisten, Krebsheilmittelfindern und Haarwuchsmittelverkäufern), die sich vor allem verächtlich über die verzweifelte Aktion
„Wir sind die Urheber“ (den Link spare ich mir an dieser Stelle, weil a) ich die Initiative bescheuert finde, b) ich nicht weiß, ob da nicht vielleicht ein Copyright auf der URL liegt und c) die ach so frommen Urheber ja ständig mit Google im Clinch liegen und gewisslich was gegen Traffic auf ihrer Seite haben) lustig machen, außerhalb der sozialen Netzwerke versuchen verprellte
Künstler,
Rechteverwerter, Buchautoren und andere, ein freies Internet gleichzusetzen mit
Raubmordkopiererei und pirativem Freibeutertum. Keine Seite mag
Zugeständnisse machen.
Wo stehe ich?
Ich möchte das hier und jetzt einmal klarstellen: Ich stehe als jemand, der
kreativ arbeitet, und jemand, der gerne Kreatives möglichst
unkompliziert nutzen willen,
mittendrin. Ich weiß aus jahrelanger Erfahrung als Musikjournalist, wie schwierig es beispielsweise für eine junge, unbekannte Band ist, in der Öffentlichkeit Fuß zu fassen. Ich weiß aber auch, dass ohne das ständig verteufelte
Internet mit all seinen
Publikationsmöglichkeiten ein Gros der Bands
ungehört in ihrem Keller
verschimmeln würde. Was bei vielen Bands wahrlich nicht schlimm wäre, das sei nebenbei erwähnt.
Sind Internetsperren eine Lösung?
Wer darüber überhaupt nachdenkt, hat einen
an der Pfanne. Wenn der
Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, darf er ja nichtmals den
Fernseher pfänden, weil dieser, bitte entschuldigt den fehlenden Fachausdruck, zum Grundbedarf eines Menschen gezählt wird.
Recht auf Information und so. Das ist mit dem Internet mittlerweile ganz genauso. Sollte mir als Freiberufler mal das Netz abgeklemmt werden, weil sich ein Nachbar in mein WLAN-Netz gehackt und literweise Pornos gesaugt haben sollte, könnte ich nicht einmal meiner
Pflicht als treuer Steuerzahler nachkommen, weil ich meine
Steuererklärungen online abgeben muss.
Was also ist die Lösung?
Leute, seien wir ehrlich:
Es gibt keine. Das Ding ist eine verfahrene Kiste, in der sich ein
Politikum ums andere wickelt. Da arbeitet
Lobbyismus gegen
gesunden Menschenverstand. Wer mich kennt, weiß, dass ich
Pragmatiker bin. Ich schwaller nicht gern um den heißen Brei herum. Ab dem nächsten Jahr zahlen wir keine
GEZ-Rundfunk-Gebühr mehr (also das Zeug, das uns berechtigt, am öffentlich-rechlichen Rundfunk teilzunehmen, ob wir wollen oder nicht), sondern eine
Haushaltsabgabe. Das bedeutet, dass jeder Haushalt per se Platz hat, mindestens ein Fernsehgerät vorzuhalten und somit zur Zahlung der Gebühren verpflichtet ist. Ist natürlich völliger Schwachsinn, aber darum soll es hier nicht gehen. Wenn einem Wohnungsinhaber pauschal unterstellt wird, er würde sich das Programm von ARD, ZDF und den Dritten reinfahren, und die Politik setzt dafür eine
Pauschalabgabe durch, dann kann sie doch gleich
fünf Euro im Monat mehr vom Konto abziehen, und die Sache ist geritzt. Quasi eine
Vorabbezahlung für die
medialen Inhalte, die sowieso jeder Bundesbürger illegal aus dem Netz zieht (Schuldvermutung vorausgesetzt). (Ich weiß, das ist natürlich keine wirkliche Lösung, aber so wär’s am einfachsten, Politik und Lobbyismus außen vor gelassen, quasi die Kulturflatrate.)
Der Kernpunkt des Problems
Es geht doch gar nicht um das
Urheberrecht. Es geht doch darum, ein gesundes
Nutzungsrecht mit
Augenmaß zu etablieren. Nicht so einen Scheiß, wie ihn die
Gema gerade androht, sondern etwas Realistisches. Sehr, sehr kluge Worte findet
Petra van Cronenburg auf ihrem Blog
„Cronenburg“, den Beitrag kann ich nur ans Herz legen, sie trifft gleich mehrere Nägel auf ihre Köpfe. Lest euch
den Artikel bitte in Ruhe durch, den kann ich so unterschreiben. Das ist wahrlich nur bei ganz wenigen zu dieser Thematik der Fall, wie der nächste „journalistische“ Erguss zeigt. Was die Anführungszeichen sollen? Journalist zu sein bedeutet für mich, mich mit einem Thema
umfassend auseinanderzusetzen, bevor ich zu Stift und Zettel greife. Als Texter muss ich das genauso machen.
Recherche nennt man das. Was da in manchen Verlagen, mögen sie auch klein sein und in der deutschen Verlagslandschaft kaum eine Rolle spielen, stattfindet, treibt mir allerdings die Schames- und Wutröte gleichsam ins Gesicht.
Der Musikverlag aus Dortmund mal wieder
Denn dann war da noch der
Herr Stratmann, seines Zeichens
Herausgeber des Dortmunder Musikmagazins
„Rock Hard“, das ja ab und an hier Erwähnung findet. Unter dem Titel „
‚Umsonst‘ vs. ‚bezahlen‘ – Der Kampf der Kulturen“ schießt er mit der abgesägten
Schrotflinte mitten in die laufende
Diskussion und hofft, dass aus irgendeinem Baum ein kluger Gedanke fällt. Dabei schert er dermaßen alles über einen
Kamm, dass man ihn gleich
entsorgen kann. Unreflektiertes
Gemoser gegen die Piraten, mal wieder das Herbeizitieren von „
Qualitätsjournalismus“ (von dem Stratmann, sonst eloquenter Musikjourno, in diesem Artikel Lichtjahre entfernt ist), er spricht von der
„Generation Praktikum“, die alles immer für lau haben will (Wie sieht es denn bei euch aus? Werden eure Praktikanten mittlerweile bezahlt, damit sie einen finanziellen Beitrag zur Errettung der Musikindustrie leisten können?), und watscht einfach mal alle pauschal als
„Schmarotzer“ ab.
Immerhin hält er
geistiges Eigentum für
schützenswert, darüber sind sich, denke ich, alle Parteien
einig. Aber auch hier misst er mit zweierlei Maß: Rock Hard unterhält ein
Online-Magazin, dessen Inhalte sich größtenteils aus
Heftartikeln speisen und hinter einer
Bezahlschranke auf Leser hoffen. Die
Autoren bekommen für die
Zweitverwertung ihrer Arbeit
keinen Cent. Gut, man mag einwenden, dass dies in den Printhonoraren bereits berücksichtigt wird, aber wie erklärt es der Rock-Hard-Chef, dass für
reine Online-Beiträge bislang noch
kein einziger Euro bezahlt worden ist? Da wird dann immer die
Referenz-Karte gezogen, die so ziemlich alle Freiberufler der Welt auswendig kennen (man dürfe ja für ein hoch angesehenes, Meinung bildendes, Tür öffnendes Musikmagazin schreiben, das sei gut für den Lebenslauf). Von der kann ich mir aber auch keine CD kaufen. Also: Wenn schon Wutrede gegen ein vermeintliches
Schmarotzertum, dann bitte zunächst im eigenen Laden kehren. Und nicht alles unter den Teppich.
Ganz nebebei: Was sagt Stratmann denn zur geplanten
GEMA-Erhöhung vor der eigenen Haustür?
Nüscht. Gerade hier droht doch der
Kahlschlag. Ich will jetzt nicht gänzlich
unfair sein, aber wenn man seit Jahrzehnten mit CDs, DVDs und Konzerttickets versorgt wird, verliert man vielleicht das Gefühl für den
finanziellen Aufwand, den Normalsterbliche dafür betreiben müssen.
Und zum Abschluss noch mal etwas Polemik
Kunst und Kultur wurden noch nie bezahlt wie eine
handwerkliche Leistung, denn sie gibt es nur um ihrer selbst willen. Niemand startet eine Band, um damit Geld zu verdienen. Das war früher nicht so und ist es heute auch nicht. Sollte es zumindest nicht sein. Und wenn doch, und da wiederhole ich mich gerne, ist die
Band eine auf Gewinn ausgerichtete
Wirtschaftsunternehmung und muss sich am
Markt orientieren und nicht elendiglich
rumjammern, wenn niemand sie bezahlen will. Was die meisten Krakeeler einfach nicht checken:
NIEMAND ist gegen das Urheberrecht. Es sollte nur jedem selbst überlassen sein, wie er seine kreativen Produkte unters Volk bringen will. Dazu braucht es keine GEMA, keine Verwertungsgesellschaften und schon gar keinen aufgeblasenen Bürokratieapparat.